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138 Im Fluss


Panta rhei, rief Heraklit beim Bad im Fluss.

Die Säulen der Antike standen fest, sie wankten erst am Schluss.

Im Club of Romanik fand ein Bogen seine Ruh.

Doch schon in der Gotik spitzte sich die Sache wieder zu.

Die Formen variieren, nur im Wechsel gibt’s Konstanz

Alle Linien neu geboren in jeder neuen Renaissance.

Und du stehst da und faselst was von Identität.

Jeder Bogen, jeder Kegel, jeder Kreis ist von gemischter Qualität.

Uropa war Jäger und neanderte durchs Steinzeittal.

Und Steppenvölker steppten zu ihm rüber von weit hinter dem Ural.

Auch wir mischen mit, rief ein Onkel aus dem Zweistromland

Und hat mit Bauernschläue halb Europa überrannt.

Die Völker wandern weiter, nur im Wechsel gibt’s Konstanz.

Die Hugenottin in mir tanzt mit Türken einen slawischen Tanz.

Und du stehst da und suchst deine Identität.

Dinkelbrei wird matschig, wenn er unter einer schwarzen Sonne steht.

Wir vergießen neues Leben, die Entwicklung hat Substanz,

Immer gleiche Elemente wandeln sich zu schönem Firlefanz

In so fern ist meistens alles gar nicht all zu weit.

Und Leben zeugt von Zeugungskraft und von Lebendigkeit.

Alles fließt, Steine rollen, nur was liegen bleibt ist Stuss.

Kein Mensch steigt mehr als einmal in den gleichen Fluss.

Und du stehst da und findest dich identitär.

Aber Homogenität machts einer guten Mische ziemlich schwer.

Eine Welt im Wandel raubt dir Sicherheit, das ist jedem klar.

Und auch ich bin heute nicht mehr so, wie ich früher einmal war.

Jaja, Gedanken kommen wieder in den Kopf zu einem unendlichen Tanz.

Nur auf Schultern eines Riesen blickst du weiter als du’s selber kannst.

Da hilft kein Damm, es hilft kein Sperrwerk und kein Wasserausguss.

Nicht erst seit Heraklit gilt jener eine Satz: Alles ist im Fluss!

Nun steht das einheitliche Wesen mit der eng begrenzten Qualität.

Und säuft ab im Klimawandel, doch es hat ja seine Identität.