Erzählungen

Die Burgruine und die Thunfischdose - oder - Der defekte Staubsauger und mein Großvater

Auf den einzelnen Etagen wimmelte es vor Menschen, die das Vergnügen suchten. Wir befanden uns in einer alten Burgruine. Musik schwappte aus allen Ecken, Tabakrauch und Wortfetzen mischten sich dazwischen. Dennoch war die Atmosphäre ein wenig angespannt, so, als würde sich bald eine Krise einstellen. Doch wir ahnten noch nichts davon.

Ich traf viele liebe Menschen, die sich an mich erinnerten, aus einer lange vergangenen Zeit, Menschen, die ich wiedererkannte, lieb gewonnen hatte, meist Mädchen. Ich kann mich, ehrlich gesagt, an keine männliche Person mehr erinnern, außer meinem Vater, der sich noch einmal, ein letztes Mal bereit erklärt hatte, uns zu begleiten.

Unsere Autos hatten wir auf einem Fußballplatz geparkt. Irgendwann morgens, wir waren alle noch ein wenig vom vorigen Abend benommen, tauchte mein Vater, vollkommen betrunken, auf und weckte uns. Ich hatte neben Lydia geschlafen, es war sehr gemütlich.

Er lallte, er müsse um 13.oo Uhr zu Hause sein, wenn wir jetzt nicht gleich losführen, würde er wütend werden. Er war aber schon wütend. Ich versuchte ihm auszureden, selbst Auto zu fahren. Er ließ sich aber nicht davon abbringen. In mir lief schon ein Film ab, wie mein Vater in einem Verkehrsunfall sein Leben und das vieler lieber Leute ruinierte. Meine Schwester, sie hatte auch einen Führerschein, zwang ihn sich auf die Rückbank zu legen. Sie wollte fahren.

Ich entschied mich, Sandy und Katja mitzunehmen. Wir gingen also los, um das Auto vom Fußballplatz zu holen. Auch mich hatte der Zeitdruck meines Vaters ergriffen, obwohl ich selbst keinen Termin hatte. Auf dem Weg zum Auto kamen wir an einem Kaufhaus vorbei, vor dem eine kleine Mauer war. Beim Anblick dieser Mauer fiel mir ein, dass ich meine Zigarettenschachtel vergessen hatte. Ich sagte also den Mädchen, dass ich noch einmal zurück müsse. Sie wollten dort warten.

Ich ging also zurück und traf erneut Lydia, die mich mit großen Augen ansah. Ich dachte, ich will auch, und wir legten uns noch einmal für eine Viertelstunde zusammen.

Dann stand ich auf, fand auch meine Zigaretten und ging zurück zur Mauer. Dort hatten Sandy und Katja beschlossen etwas zu frühstücken. Sie hatten einen großen Laib Brot gekauft und eine Dose Thunfisch. Ich fragte, ob das Brot schmeckt, denn es war ein industriell gebackenes. Sie waren nicht sehr begeistert. Wir hatten aber nichts anderes. Ich wollte die Thunfischdose öffnen. Dazu stand mir nur ein Taschenmesser zur Verfügung. Ich mühte mich ab, aber es wollte mir nicht so richtig gelingen.

Ich musste also ein besseres Werkzeug finden. Ich dachte, dass bestimmt im Haus meiner Oma etwas zu finden sei. Ich ging durch den Garten und betrat das Haus durch einen versteckten Eingang. An der Tür fand ich ein Zeichen, dass wir zu Hause benutzten, um zu markieren, wer mit dem Putzdienst an der Reihe war. Ich wunderte mich ein wenig, dieses Ding hier anzutreffen. Als ich gerade die Tür wieder schließen wollte, tauchte auch noch ein Staubsaugervertreter auf, um bei meiner Großtante, die im selben Haus wohnte, eine Staubsaugervorführung abzuhalten. Dazu hatte sich auch meine Großmutter in ihrer Stube eingefunden.

Der Staubsauger war defekt. Ich hatte vergessen, ihn rechtzeitig zu reparieren. Außerdem hatte ich vergessen, dass ich ja eigentlich auf der Suche nach einem Dosenöffner war. Die Staubsaugervorführung konnte nicht stattfinden.

Dann trat plötzlich mein Großvater in die Stube. Ich erschrak, freute mich aber dann doch ihn nach seinem Tod endlich einmal wiederzusehen. „Schaut mal wer da ist,“ sagte ich.

„Was will der denn hier?“ wunderte sich meine Großtante.

„Vielleicht will er uns bei irgendetwas helfen,“ entgegnete ich.

„Will er etwas von mir?“ fragte sich bange meine Großmutter.

Da sagte seine Stimme: „Nein, von dir nicht. Meinen Enkel will ich sehen, du musst jetzt alleine zurechtkommen!“

Ich setzte mich auf das Sofa, da er sich auch dorthin gesetzt hatte. Meine Oma beugte sich ungläubig vor und musterte ihn. Er hatte sich im Tod ganz gut gehalten. Als ich neben ihm saß, fragte er mich: „Du brauchst Hilfe?“ Ich musste erst eine Weile überlegen. Dann sagte ich: „Zuerst möchte ich dich umarmen.“ Das geschah und alle Probleme waren vergessen.


 


Wombo-Schlagworte: Staubsauger + Dosenöffner, Style: Steampunk